Twitterliebe. Und das Geld, das vielleicht alles zerstört. 1


Mich wundert es nicht, dass Twitter Schwierigkeiten hat, Geld zu verdienen. Das soziale Netzwerk ist die ideale Plattform, um Kontakte zu knüpfen, Menschen aus aller Welt näher kennenzulernen, knackige Diskussionen zu führen, Hilfe zu bekommen, sehr viel Spaß zu haben und vielleicht sogar den Weg aus dem Netz ins echte Leben zu wagen. Alles Aspekte, die ich an dem Dienst schätze. Aber für den Konzern dahinter bringt das vermutlich nicht im Ansatz das, was er gerne hätte: Gewinne.

Gegen den Wunsch der Nutzer

Verflixter Renditezwang. Twitter versucht alles, die Nutzer zu monetarisieren. Werbung zwischen den Tweets – ich nehme die mittlerweile gar nicht mehr wahr. Da helfen auch Änderungen an der Darstellung der Timeline nicht. Die Abkehr von der chronologischen Liste neuer Tweets – trotz #RIPTwitter – zeigt mir, wie verzweifelt die Verantwortlichen zu sein scheinen. Sich mit Aktionen wie #Bibi mit aller Gewalt bei der jugendlichen Zielgruppe anbiedern zu müssen, um den Service womöglich zu „verjüngen“ und attraktiver für Werbekunden zu werden, find ich irgendwie peinlich. Ich wünsche mir in den Momenten, in denen Twitter wieder irgendeinen Quatsch einführt, eine echte Alternative zu meinem Lieblingsnetzwerk. Also nicht so etwas wie Ello.

Twitter ist persönlich, direkt, einfach gestrickt. Es lebt von Menschen, die kommunizieren und sich mitteilen wollen. Ich stehe auf lustige, tiefgründige, bereichernde Sprüche. Ich schätze es, schnell und kurz informiert zu werden. Und ich bin immer wieder begeistert, was ich durch Twitter alles erlebe. Durch Tweetups lernte ich tolle Leute (nicht nur) aus meiner Wahlheimat kennen, denen ich wohl sonst nie begegnet wäre. Und einige von ihnen bereichern nun mein Leben – als Freunde oder einfach nette Zeitgenommen, mit denen ich mich unterhalte, klöne oder ernste Themen anspreche. Es sind diese kleinen Dinge, die mir verdeutlichen, dass Twitter einfach wunderbar sein kann. Ich suchte kürzlich ein neues Profilbild für meinen Account. Ernst war das nicht gemeint, ohnehin tweete ich viel zu viel Nonsens. Trotzdem fanden sich Twitterer, die mich spontan skizzierten, mit Paint malten oder gar zur Farbe griffen. Für Außenstehende mag das banal klingen, ich fand das toll und herrlich-amüsant. Danke noch einmal an dieser Stelle.

GZSZ

Sicherlich gibt’s genügend Schattenseiten. Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten, Ärger, Abneigungen, Enttäuschungen und Missverständnisse. Komprimiert auf 140 Zeichen (bei diesen bleibt es übrigens) pro Tweet, aber manchmal genauso wirkungsvoll wie der reale Alltag. Einige Male machte mich Twitter traurig und zwang mich zu kleinen Verschnaufpausen. Und doch kehrte ich immer wieder zurück. Ich will nichts missen, was ich die letzten Monate und Jahre erlebte. Twitter fühlt sich dabei gar nicht mal so virtuell an, eben weil ich ja schon so viele Follower persönlich traf. Ich will behaupten, dass es DAS Netzwerk ist, das uns rasant zusammenbringt, wenn wir es möchten. Es ist irgendwie kuschelig und in der selbst definierten Filterbubble verdammt schön.

Aber: Wie will Twitter als Aktiengesellschaft mit diesem ganzen zwischenmenschlichen Gedöns Geld verdienen? Ich würde ohne zu zögern einen monatlichen Beitrag zahlen, könnte ich damit auf jede dumme Idee der Entscheider verzichten. Stattdessen wird experimentiert und sich an Facebook orientiert. Natürlich nicht erfolgreich, da die Schöpfer völlig aus den Augen verloren zu haben scheinen, wieso die User Twitter überhaupt verwenden: um sich mitzuteilen, zu unterhalten und Gleichgesinnte zu treffen.

Bleibt es, wie es ist?

Zugegeben: Ich habe Twitter auch ein paar Aufträge zu verdanken. Am Schluss lag das allerdings an privaten Verbindungen und meiner Präsenz in den Timelines der jeweiligen Follower. Aber Twitter selbst wird vermutlich auch in Zukunft Schwierigkeiten haben, die Gewinnzone zu erreichen. Das besonders Soziale „auf Teufel komm raus“ in Mammon verwandeln zu wollen, kann nur in einem Fiasko enden. Bis dahin genieße ich die Zeit mit Twitter und meinen Followern. Erstaunlich, dass es schon über 930 Verrückte mit mir aushalten. Einige von ihnen muten mich bestimmt dauerhaft. 🙂

Ich glaube, ausschließlich fürs Geschäft würde mich Twitter langweilen. Zur Kommunikation (B2C) kann dies eine Gelegenheit sein, mit Konsumenten eine Verbindung aufzubauen – auf einer persönlichen Ebene, wie es beispielsweise die Telekom seit Jahren erfolgreich vormacht. Vorausgesetzt, Unternehmen sind bereit, geeignete Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen oder sofern sinnvoll Freiberufler wie mich zu beauftragen. Generell würde ich ja sogar ein neues Geschäftsmodell für Twitter sehen, quasi kostenpflichtige Service-Accounts für Firmenkunden. Aber bei Twitter for Business geht’s halt nur um Werbung und erkaufte Follower. Das vermeintlich schnelle Geld. Seufz. Was die Gründer wohl vor ziemlich genau zehn Jahren dachten, als sie ihre ersten öffentlichen Tweets tippten? Ich selbst bin schon seit über sieben Jahren dabei. Wow!

Eigentlich wollte ich nur kurz erzählen, wie sehr ich Twitter mag. Und wie fein ich die Aktion mit den Avatarbild-Zeichnungen meiner Follower fand. Jetzt frage ich mich: Wie sieht es bei euch aus? Was haltet ihr von Twitter?


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